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Die Schweiz? Ein Land mit einer alternden, alleinstehenden, aber glücklichen Bevölkerung

22.03.2024

Das Statistische Jahrbuch 2022–2023 bietet eine Momentaufnahme der Schweiz – einem Land, dessen Bevölkerung wächst, aber nur dank der Zuwanderung. Die Menschen hier bezeichnen sich selbst als glücklich. Die Mobilität ist hoch, das Auto allgegenwärtig. 

85 Jahre
Ein alterndes Land 

Die Schweiz ist ein alterndes Land. Ihre Bevölkerung erneuert sich nicht mehr auf natürliche Weise, denn die Todesfälle übersteigen die Geburten. Anfang des 20. Jahrhunderts gebaren die Frauen in der Schweiz im Durchschnitt 3,7 Kinder, heute liegt dieser Wert bei 1,39. Damit die Bevölkerung nicht abnimmt, müsste er aber 2,1 erreichen. Das Bevölkerungswachstum ist somit allein auf die Zuwanderung zurückzuführen. Die Gesamtbevölkerung der Schweiz stieg von 4,717 Millionen im Jahr 1950 auf 7,204 Millionen im Jahr 2000. 2020 überschritt sie die Acht-Millionen-Marke und erreichte 2023 die Neun-Millionen-Marke – ein Rekordwachstum in Europa! Gleichzeitig kehrt sich die Alterspyramide unaufhaltsam um. Zwischen 1900 und 2022 halbierte sich der Anteil der Jugendlichen unter 20 Jahren von 40,7 Prozent auf 19,9 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der über 64-Jährigen von 5,8 Prozent auf 19,2 Prozent. Bei der Altersgruppe ab 80 Jahren verzehnfachte er sich sogar von 0,5 Prozent auf 5,5 Prozent.

2022 lebten in der Schweiz 1 948 100-Jährige, drei Viertel davon Frauen. Diese Zahl steigt stetig an. Ein Drittel der im Jahr 2022 geborenen Mädchen könnte somit voraussichtlich 100 Jahre alt werden. Die Lebenserwartung hat sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verdoppelt. 1950 hatte eine Frau bei ihrer Geburt eine Lebenserwartung von 70 Jahren. Heute kann sie noch mit weiteren 15 Jahren rechnen. Mit zunehmendem Alter lässt natürlich auch die Gesundheit nach. So leidet die Hälfte der über 75-Jährigen an lang andauernden Gesundheitsproblemen. Dennoch scheinen die Schweizer Senior:innen recht glücklich zu sein. Im Jahr 2021 gaben fast zwei von fünf Personen ab 16 Jahren an, mit ihrem Leben gegenwärtig sehr zufrieden zu sein. Und das Wohlbefinden nimmt mit dem Alter noch zu (allerdings auch abhängig vom Bildungsniveau und vom Einkommen)! Dieses Altersungleichgewicht in der Bevölkerung stellt für die Sozialversicherungen jedoch eine enorme Herausforderung dar, da der Anteil der beitragszahlenden Personen sinkt. Gleiches gilt für die steigenden Anforderungen an die Seniorenbetreuung durch Gesundheitsfachkräfte. 

20 Prozent
Ein Land der «Alleinstehenden» 

Je reicher ein Land ist, desto stärker individualisiert sich dort das Leben. Auch die reiche Schweiz bildet da keine Ausnahme. In über einem Drittel der vier Millionen Haushalte in der Schweiz lebt nur eine Person. Anders ausgedrückt: Fast 20 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung leben in einem Single-Haushalt. Die Zahl der kinderlosen Haushalte hat sich seit 1970 mehr als verdoppelt. Im gleichen Zeitraum verdreifachten sich die Ein-Personen-Haushalte. Familien mit Kindern machen zwar insgesamt weniger als ein Drittel aller Haushalte aus, aber immerhin 41 Prozent der Bevölkerung leben in dieser Art von Haushalt. 16 Prozent aller Familienhaushalte entfallen auf Alleinerziehende. Lebt man aber alleine gut? Offenbar sind Personen, die in einer Partnerschaft mit oder ohne Kinder leben, deutlich zufriedener mit ihrem Leben als Alleinstehende oder Alleinerziehende mit Kind. 2010 wurde geschätzt, dass jeder zweiten Ehe eine Scheidung droht. Gemäss den aktuellen Prognosen dürften es jedoch eher zwei von fünf Ehen sein. Eine weitere Erkenntnis: Frauen erleiden mehr Gewalt als Männer. 2022 verzeichnete die Polizei insgesamt 42 Morde, von denen sich 25 im häuslichen Umfeld ereigneten. Von diesen 25 Opfern waren 18 weiblich.

26 Prozent
Ein Land mit einer grossen ausländischen Wohnbevölkerung

Im Jahr 2022 besassen 26 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz keinen Schweizer Pass. Fast ein Fünftel davon wurde jedoch im Land geboren. Im selben Jahr bestand die ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren sogar zu 40 Prozent aus Personen mit Migrationshintergrund. Zu diesem für Europa fast einzigartigen Bild – Luxemburg stellt mit einem Ausländeranteil von 47 Prozent eine weitere Ausnahme dar – kommt noch der Beitrag der Grenzgänger:innen hinzu. Ihre Zahl verzeichnete in einigen Regionen einen spektakulären Anstieg. Als Beispiel sei die Anzahl der französischen Grenzgänger:innen genannt, die von weniger als 80’000 Personen vor 2005 auf fast 220’000 im Jahr 2022 zunahm. 

Einen ersten Höhepunkt erreichte die Zuwanderung 1961, als über 100’000 Personen aus dem Ausland in die Schweiz einwanderten. 2021 waren es 61’500 Personen. Ab 1999 kam es zu einem Umschwung, als die Zuwanderung zum Hauptfaktor des Bevölkerungswachstums wurde und das Wachstum der einheimischen Bevölkerung endgültig überholte. 2020 wurden im Land 61’000 Schweizer Kinder geboren, gegenüber 24’900 Kindern mit einer anderen Staatsangehörigkeit. Die grössten ausländischen Bevölkerungsgruppen im Land stammen aus Italien, Deutschland und Portugal. Dies spiegelt sich auch in den gesprochenen Sprachen wider, denn der Anteil der italienisch sprechenden Personen (23 Prozent) ist ebenso hoch wie der Anteil der Personen, die andere Sprachen als die vier Landessprachen sprechen. Und wie sieht es im Asylbereich aus 2022 wurden 24’511 Asylanträge gestellt. Dies entspricht in etwa dem Durchschnitt der letzten 25 Jahre (22’500 Antragstellende). Diese Flüchtlinge kamen unter anderem aus Afghanistan, der Türkei, Eritrea und Syrien. Hinzu kommen etwa 66’000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die Ende 2023 mit dem Ausweis S einen Schutzstatus erhielten. 

6,6 Millionen
Ein stark motorisiertes Land

Wie die hohe Lebenserwartung ist auch eine hohe Mobilität typisch für ein reiches Land. Die Schweizer:innen sind viel unterwegs. 2021 legten sie im Landesinneren durchschnittlich 30 km pro Person und Tag zurück. Der grösste Teil der täglich gefahrenen Strecken innerhalb der Landesgrenzen – 69 Prozent im Jahr 2021 – wird mit dem Auto zurückgelegt. Mit einem Anteil von 43 Prozent der gefahrenen Kilometer ist die Freizeit der Hauptgrund dafür, noch vor der Arbeit (28 Prozent). 2022 waren in der Schweiz fast 6,6 Millionen motorisierte Strassenfahrzeuge zugelassen, davon 4,7 Millionen Pkw und 800’000 Motorräder. Seit 1980 hat sich die Zahl der Pkw mehr als verdoppelt und die Zahl der Motorräder fast versechsfacht. Die Kosten für den Strassenverkehr belaufen sich auf insgesamt 76,8 Milliarden Schweizer Franken – weit mehr als die für den Schienenverkehr aufgewendeten Mittel (12,1 Milliarden). 2022 ereigneten sich auf den Schweizer Strassen 18’396 Unfälle: 241 Menschen starben, 4002 wurden schwer und 17’896 leicht verletzt. Der motorisierte Verkehr verbraucht überwiegend fossile Brennstoffe (93 Prozent im Jahr 2022). 2021 war er für 38 Prozent der CO2-Emissionen in der Schweiz verantwortlich (ohne Berücksichtigung der internationalen Luftfahrt). 

«Das Statistische Jahrbuch der Schweiz können Sie wie einen Kompass auf Ihrer Entdeckungsreise durch die Schweiz nutzen.» So beschreibt der Direktor des Bundesamts für Statistik, Georges-Simon Ulrich, die neueste Ausgabe dieses Standardwerks der Statistik. Auf ganzen 412 Seiten behandelt es eine Fülle von Themen. In diesem Beitrag beleuchten wir drei Hauptthemen: Demografie, Zuwanderung und Mobilität, wobei Letztere einen Grossteil der CO2-Emissionen verursacht.

Die Schweiz in Zahlen – Statistisches Jahrbuch 2022/2023; Erscheinungsdatum 30. November 2023, ISBN 978-3-303-00720-4, 412 Seiten, CHF 90.–

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